Die Immobilienverrentung boomt, jeden Monat drängen neue Unternehmen auf den lukrativen Markt. Entsprechend schwer fällt es Verbrauchern, seriöse von unseriösen Anbietern zu unterscheiden. Hinzu kommen eine schwierige Rechtslage und ein kaum zu durchschauender Dschungel aus unterschiedlichen Modellen und Angeboten. Deshalb sollten Sie vor dem Geschäftsabschluss Vorsicht walten lassen, denn vieles auf diesem dynamischen Markt ist noch unübersichtlich.

Selbst eine Fachfrau wie ich kann nicht immer sofort erkennen, welche Variante sich lohnt und welche nicht. Zu unterschiedlich sind die Bedürfnisse der älteren Menschen. Deshalb mein dringender Appell: Lassen Sie sich von einem unabhängigen und kompetenten Sachverständigen bis zum Vertragsabschluss begleiten.

Wohnung zu groß oder Liquidität zu gering

Rund 25 Prozent der Deutschen gehören heute zur Generation 60 plus. Im Jahr 2050 werden es schon mehr als ein Drittel sein. Viele davon leben in der selbst genutzten Wohnimmobilie. Eberhard und Hildegard B. sind Mitte 60 und bewohnen ein freistehendes Einfamilienhaus im Großraum Stuttgart. Die Kinder sind längst ausgezogen, zwei Zimmer stehen so gut wie leer. Das Haus ist den Rentnern viel zu groß – und müsste altersgerecht modernisiert werden.

Karl R. ist 70 und lebt seit 30 Jahren in seiner Eigentumswohnung in Frankfurt. Von seiner kleinen Rente kann er keine großen Sprünge machen. Weil die Wohnung abbezahlt ist, kommt er über die Runden. Doch jetzt muss die Wohnanlage aufwendig saniert werden. Die Rücklagen reichen nicht aus, es wird eine Sonderumlage von 15.000 Euro fällig – die er nicht hat. Viele ältere Immobilienbesitzer stehen vor ähnlichen Situationen. Bisher hatten sie zwei Optionen: entweder investieren oder verkaufen und umziehen.

Im Wohnumfeld bleiben und Liquidität gewinnen

In den letzten Jahren hat der Markt auf die Bedürfnisse der älteren Generation reagiert und bietet mit der Verrentung von Immobilien nun weitere Alternativen. Viele dieser Modelle ermöglichen, dass man im vertrauten Wohnumfeld bleiben kann und trotzdem Liquidität gewinnt. Dazu verkauft man sein Eigentum ganz oder teilweise und sichert sich gleichzeitig ein Bleiberecht. Das kann sich lohnen, muss es aber nicht. Deshalb ist es wichtig, sich von einem kompetenten Fachmann beraten oder begleiten zu lassen, der die Details genau unter die Lupe nimmt. Denn da steckt bekanntlich der Teufel.

Zur Verrentung eignet sich grundsätzlich jede Immobilie, entscheidend sind vor allem die Lage und der bauliche Zustand. Bei den Modellen unterscheidet man zwischen Nießbrauch, Leibrente, Teilverkauf oder Umkehrhypothek. In allen Fällen sollte die Bewertung der Immobilie durch einen unabhängigen und zertifizierten Sachverständigen vorgenommen werden.

Nießbrauch: Kaufpreis minus Wohnrecht

Beim Verkauf einer Wohnimmobilie mit Nießbrauch – einem ins Grundbuch eingetragenen lebenslangen Wohnrecht – bekommt der Verkäufer den Kaufpreis als Einmalzahlung. Der Wert des Nießbrauchs wird vom Kaufpreis abgezogen. Er errechnet sich aus der Differenz des Lebensalters des Verkäufers und seiner statistischen Lebenserwartung. Bei einem 70-Jährigen können das durchaus 40 bis 50 Prozent des Kaufpreises sein. Wird ein Umzug ins Senioren- oder Pflegeheim notwendig, kann der Verkäufer die Immobilie bis zu seinem Lebensende vermieten. Aber Vorsicht vor versteckten Folgekosten: Wer für Instandhaltung, Instandsetzung und das wirtschaftliche Risiko aufkommt, ist frei verhandelbar.

Leibrente: Wohnrecht plus Rente

Die Leibrente bietet verwirrend viele Möglichkeiten. Entsprechend genau muss man auch hier hinschauen, damit sich das Geschäft lohnt. Bei der klassischen Leibrente erhält der Verkäufer ein lebenslanges Wohnrecht und eine monatliche Rente. Es gibt aber auch Varianten mit Einmalzahlung beziehungsweise Nießbrauch.

Ob sich dieses Modell für den Verkäufer rentiert, hängt nicht nur davon ab, wie alt er statistisch wird. Um die Einbußen möglichst klein zu halten, sollte für die Rentenzahlung eine Mindestlaufzeit vereinbart werden. Auch eine Rückfallklausel ist wichtig. Sie sichert den Verkäufer für den Fall ab, dass der Käufer die Rente nicht mehr zahlen kann oder Insolvenz anmelden muss. Dann fällt die Immobilie an den Verkäufer zurück. Ebenso wichtig ist, dass der Käufer für die Instandhaltung der Immobilie zuständig ist und das Wohnrecht lebenslang besteht. Sonst kann es passieren, dass das Wohnrecht beim Umzug in ein Altersheim erlischt.

Teilverkauf

Relativ neu am Markt ist der Teilverkauf. Bei diesem Modell werden bis zu 50 Prozent der Immobilie veräußert. Maßgeblich für den Kaufpreis ist ein Wertgutachten. Der Verkäufer hat das Recht, die Wohnimmobilie weiterhin zu nutzen (Nießbrauch) und bekommt den vereinbarten Kaufpreis in einer Einmalzahlung. Im Gegenzug erhält der Miteigentümer ein monatliches Nutzungsentgelt. Sobald der Verkäufer auszieht, zum Beispiel in ein Altersheim, wird die Immobilie verkauft. Die Erben des Verkäufers haben dabei ein Vorkaufsrecht, um den Miteigentumsanteil zurückzukaufen.

Der Teilverkauf hat wie jedes Modell auch Nachteile. Zwar behält der Verkäufer die Entscheidungshoheit und das alleinige Nutzungsrecht über die Immobilie, allerdings muss er sich auch um die ordnungsgemäße Instandhaltung kümmern. Wenn die Immobilie nach dem Auszug des Verkäufers verkauft werden soll, übernimmt dies der Miteigentümer – und erhebt dafür eine Provision, die vom Verkäufer oder seinen Erben zu zahlen ist. Verkauft wird auch dann, wenn der Verkäufer seine monatliche Rate nicht mehr an den Miteigentümer zahlen kann.

Umkehrhypothek

Im englischen Sprachraum ist die Umkehrhypothek verbreitet. Hierzulande jedoch ist das Modell weder bei Banken noch bei Verbrauchern beliebt, weil es sich für beide Seiten kaum rentiert. Die Umkehrhypothek wird in Deutschland auch künftig ein kaum genutztes Nischenprodukt bleiben. Deshalb gehe ich in diesem Artikel nicht weiter darauf ein.

Immobilienwechsel: Grundstück gegen Neubauwohnung

Früher war Baugrund nicht so teuer wie heute. Deshalb stehen viele ältere Wohnhäuser auf großen Grundstücken, die eine größere Bebauung erlauben. Wer ein solches Grundstück mit einem freistehenden Wohnhaus besitzt, kann über einen Tausch der Immobilie nachdenken. Wenn es möglich ist, auf dem Grundstück ein Mehrfamilienhaus zu bauen, kann man das Grundstück an einen Projektentwickler verkaufen – und eine der neuen altersgerechten Wohnungen zurückkaufen.

Nach dem Ende der Bauzeit kann der Verkäufer dann seine Neubauwohnung beziehen. Auf diese Weise hat er eine moderne, den Bedürfnissen angepasste Wohnung und kann in seinem angestammten Umfeld bleiben. Einziger Wermutstropfen: Für die Dauer der Bauzeit muss eine Übergangswohnung gefunden werden. Ein solches Geschäft ist jedoch kompliziert und bietet viele Fallstricke. Deshalb ist es wichtig, sich von einem unabhängigen Fachmann durch den Prozess begleiten zu lassen und gemeinsam mit ihm einen geeigneten Projektentwickler zu finden.

Fazit

Die demographische Entwicklung und die chronische Unterversorgung mit Wohnungen in den Ballungsräumen haben zu neuen Geschäftsmodellen geführt. Der Markt für Verrentung ist sehr dynamisch und wächst seit Jahren stark. Kein Wunder, denn beide Seiten profitieren von den alternativen Kreditmodellen. Die Verrentung der Immobilie schließt bei Rentnern eine Liquiditätslücke und beschert den Anbietern mittel- bis langfristig eine gute Rendite und eine neue Wohnimmobilie fürs Portfolio.
Allerdings kann man seine Immobilie nur einmal verrenten. Deshalb sollten sich Interessierte von einem unabhängigen und kompetenten Sachverständigen bis zum Vertragsabschluss begleiten lassen. Am Schluss bleibt die Erkenntnis, dass man entgegen der Volksmeinung eben doch vom Stein beißen kann – wenn richtig verrentet wird.